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AutorenbildAnimalMotionAcademy

Der Pferdeosteopath

Osteopathie: Mit den Händen sehen, was den Augen verborgen bleibt


Wie bekannt ist, wird bei der Osteopathie mit den Händen gearbeitet. Ganz behutsam tasten die Hände des Osteopathen den Pferdekörper ab, um Verhärtungen (Myogelosen), Verspannungen der Muskulatur und muskuläre Funktionseinheiten zu ertasten. Die Gelenke werden auf etwaige Einschränkungen untersucht.


Die suchenden und tastenden Hände eines T'herapeuten decken Dysfunktionen (gestörte Funktionen) und Schmerzbereiche im Gewebe auf.


Therapeuten sprechen dann von Dysfunktionen und Läsionen, wenn etwas im Körper nicht richtig arbeitet. Sie meinen damit, dass eine eingeschränkte Beweglichkeit von Gelenken und Geweben vorherrscht. Die eingeschränkte Bewegung eines Gelenks oder ein Stellungsfehler bei den Wirbeln wird im Allgemeinen als Blockade bezeichnet. Nicht selten stellen sich Pferdehalter oder Reiter ir- rigerweise die komplette Unbeweglichkeit von Gelenken vor.


In der Osteopathie bedeutet aber eine Blockade, dass die Beweglichkeit innerhalb des natürlichen Bewegungsspiel- raums gestört ist. Ein Gelenk wird sich beispielsweise nicht so bewegen können, wie es physiologisch möglich wäre.


Während einer Blockade, wie sie zum Beispiel aufgrund einer unkontrollierten Bewegung oder eines traumatischen Erlebnisses auf die Wirbelsäule entstehen kann, sind die am Gelenk angrenzenden Muskelfasern für eine kurze Zeit überdehnt und somit verletzt.


​Das Gelenk ist dann nicht mehr stabil genug. Innerhalb der Muskeln sind Rezeptoren vorhanden, die dafür sorgen, dass immer wieder Informationen aus den Muskeln, Sehnen und Gelenken an das Gehirn weitergeleitet werden. Damit weitergehende Schäden vermie- den werden, ist ein Schutzmechanismus von der Natur eingerichtet, der bei einer Überdehnung für die reflektorische Verkürzung sorgt.


Schaden und Schutz

Eine Verkürzung bleibt oftmals weiterhin bestehen, auch wenn die Überdehnung schon vorüber ist. Bleibt die Kontraktion jedoch un- behandelt, kann daraus - wie bei einer Kettenreaktion - aus einem lokalen Vorkommnis ganz schnell weitere Blockaden und Funk- tionsstörungen entstehen. Unter Umstän- den mit umfangreichen Auswirkungen auf den gesamten Bewegungsapparat. Da sie von einer Muskelverletzung herrühren (Trauma), nennen Osteopathen diese Blockaden auch „primär-traumatische Dysfunktion".


Auslöser hierfür können Unfälle und Stürze sein, aber auch Schmerzzustände nach operativen Ein- griffen oder Narbenbildungen.

​Als „sekundäre Dysfunktionen" bezeichnen die Osteopathen Folgezustände nach einer länger bestehenden Überlastung. Dafür verantwortlich können Mängel am Stall (unebene Bodenbeschaffenheit), Stellungsfehler oder auch erworbene Schäden sein, die nicht er- kannt werden. Der Bewegungsapparat besteht nicht nur - wie viele vielleicht meinen - aus dem knöchernen Skelett mit den dazugehöri- gen gelenkigen Verbindungen, sondern auch die Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln sowie das Muskelskelett. Und diese werden in den allermeisten Fällen bei einer Blockade mit geschädigt.


Gleichermaßen können an Lymphe, inneren Organen, Blutgefäßen und Nerven se- kundäre Dysfunktionen entstehen, wenn eine anhaltende Fehlbelastung vorhanden ist.


Die Osteopathie sucht nach der Quelle der Fehlbelastung

Hat zum Beispiel ein Sturz des Pferdes zur Folge, dass der siebte Halswirbel blockiert ist, wird sich das Pferd weigern, sich in der Richtung der Blockade (also gerade) zu stellen. Es macht verkürzte Schritte und wird sich nur ungern bewegen. Die Blockade löst eine Kette von ausgleichenden Reaktionen aus. Bleibt die Blockade unbehandelt, führt dies zu weite-

​ren Verspannungen der Halswirbelsäule und des Genicks. Weiterhin sind die muskulären Verbindungen beeinträchtigt, die zur Schulter und zur Hinterhand gehen.Das kausale Problem bleibt also nicht lokal an einer Stelle, vielmehr sind auch wei- ter entfernte Regionen betroffen, wo Gelenk- und Gewebeblockaden auftreten. Auf diese Art gleicht der Körper Folgen von Stellungsfeh- lern im Bereich der ursprünglichen Blockade aus. Da Pferde Fluchttiere sind, ist eine derartige Kettenreaktion sehr sinnvoll.


Anders sieht es bei Beutetieren aus, die darauf angewiesen sind, dass solche Blockaden im Bewegungsapparat schnell wieder ausgeglichen werden, da sich die Fressfeinde überwiegend für verletzte und schwache Tiere interessieren. Osteopathen sind auch für innere Erkrankung zuständig Flatulenzen im Darm oder nicht bekannte Schmerzgeschehen der inneren Organe kön- nen ebenso gut Dysfunktionen im Bewegungsapparat hervorrufen. So ist es möglich, dass der eigentliche Auslöser dem Pferdebe- sitzer verborgen bleibt und zwar so lange, bis sich als Folge dessen die Probleme in ande​ren Körperregionen bemerkbar machen.


Wie bereits erwähnt, zählt die Osteopathie zu den ganzheitlichen Behandlungsformen. Abgese- hen von den vordergründigen Symptomen sollte man den Ursprung herausfinden und beseitigen, falls das möglich ist. Es macht daher keinen Sinn, ein blockiertes Gelenk einfach nur einzurenken, ohne jedoch vorher den Auslöser für die Blockade zu behandeln. Vielmehr kann sogar das Problem noch verstärkt werden.


Eine osteopathische Behandlung hat daher immer das Ziel vor Augen, den Teufelskreis aus Spannungsschmerzen der Muskeln, Blockaden und Durchblutungsstörungen zu unterbrechen. Ist dies geschafft, wird das Pferd frei sein von der Kettenreaktion aus Schonhaltung und Über- lastung.


Man unterscheidet vom Grundsatz her drei Therapiebereiche:


Die parietale Osteopathie konzentriert sich auf den ganzen Bewegungsapparat und den Spinalnerv oder Rückenmarksnerv.


Die viszerale Osteopathie widmet sich den inneren Organen und dem vegetativen Nervensystem.


​Die kraniosakrale Osteopathie behandelt das zentrale Nervensystem mit sei- nen umliegenden Strukturen und dem Kreuzbein.


Im weiteren Verlauf wird noch expliziter auf die Therapiebereiche eingegangen.Dauer und Gegenanzeigen in der Osteopathie In einer osteopathischen Behandlung ist es auch möglich, die unterschiedlichen Tech- niken miteinander zu kombinieren. Welche Techniken letztendlich angewandt werden, ist in Abhängigkeit zu sehen von der gestellten Diagnose, dem therapeutischen Behandlungsplan und nach der Reaktion des Pferdes auf die osteopathischen Eingriffe.


Die Anamnese, Untersuchung und Therapie dauert normaler- weise ungefähr bis zu zwei Stunden. Insbeson- dere wenn gesundheitliche Probleme schon länger bestehen, ist es nötig, Nachbehand- lungen über einige Wochen durchzuführen. Ratsam ist es aber auch, präventive Maßnahmen, beispielsweise einmal im Jahr sein Pferd von einem Therapeuten untersuchen lassen, durchzuführen, um frühzeitig genug Blockaden zu entdecken und direkt zu lösen.

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